Die Auswärtsfahrt nach Mainz
In den ruhigen Momenten vor einem solchen Trip frägt man sich selbst schon mal, warum man sich das eigentlich antut. Warum verbringt man ungefähr zehn Stunden auf der Autobahn, wegen 90 Minuten Fußball? Aber der Reihe nach.
Unserm BFC-Auswärtsminister Max Haupt (alle Namen geändert) war es gelungen an acht Karten für das Gastspiel unserer Bayern in Mainz zu kommen. Nach intensiven Vorbereitungen seitens des Vorstands –Bier, Würscht, Brezn und einen Bus zu organisieren bekommt schließlich nicht jeder hin- konnte sich die Reisegruppe Samstagmorgen gegen neun Uhr in Bewegung setzen. Mit an Bord waren Bauer, Kalki, Stevey, Annalena, Haupti, zwei Gäste vom Fanclub Scheuring, die beide Martin hießen und ich selbst als Pilot des ausgeliehenen Mercedes Vito. Ein ständig schwelender Generationenkonflikt sollte ein treuer Begleiter dieser Hinfahrt werden. Während ich mir noch vor Fahrtantritt die Karte angeschaut hatte und mir alle wichtigen Routendetails auf einem kleinen Zettel notierte, schwor die jüngere Generation in Person von Bauer auf ihr Navi im Smartphone. Um es aus meiner Sicht zu bewerten, die altmodische Methode ist sicher nicht verkehrt, aber dass wir einen Stau umfahren konnten auf der Hinreise, war dem Navi zu verdanken. Ein schönes Beispiel, was möglich ist, wenn Jung und Alt zusammen arbeiten. Da es seit Ortsgründer Geltolf wohl Tradition ist, sich ein Bier zu öffnen, sobald das Ortsschild passiert ist, wurde natürlich während der gesamten Fahrt über dem Gerstensaft gefröhnt. Somit wurde nach Überschreitung der Baden-Württembergischen Landesgrenze der erste Notdurft-Halt fällig. Ein einfacher Autobahnparkplatz sollte den Zweck dafür erfüllen, dachte ich. Doch auch mein weiblicher Fahrgast verspürte einen, Zitat Oliver Kahn, immensen Druck. Also musste nach eingenommener Brotzeit auf dem Parkplatz eine zivilisiertere Haltemöglichkeit gesucht werden. Keine zwei Kilometer später kam auch schon der nächste größere Rastplatz, der den Ansprüchen genügte. An dieser Stelle möchte ich mich beim Straßenbauamt des Landes Baden-Württemberg für die schlechte Beschilderung bedanken. Wir hätten uns nicht nur einen Zwischenstopp gespart, auch das Vertrauen der Mitfahrer in ihren Piloten war nun angekratzt. Aufgrund einiger dieser Stopps und der Verkehrslage kamen wir gegen 15 Uhr in Mainz an. Auf Drängen des nun leicht aggressiven Max Haupt wurde nicht direkt am Stadion geparkt, sondern man umging den Stopp-and-go-Verkehr, indem man auf dem Parkplatz eines großen Einkaufszentrums parkte und den Rest zu Fuß zum Stadion ging. Schon aus dem Auto heraus wurde uns die Besonderheit der Mainzer Coface-Arena deutlich. Sie steht mitten im Acker! Man stelle sich vor zwischen Geltendorf und Hausen steht einfach mal ein Fußballstadion für 34.000 Menschen. Über Feldwege gelangten wir also rechtzeitig zum Stadion. Es war ein friedliches und entspanntes Ambiente, das wir vorfanden. Viele Zuschauer kamen mit dem Fahrrad direkt zur Arena. Als Fans des FC Bayern München ist man es außerdem nicht gewohnt ohne Gedränge, oder lange Wartezeiten zu den Plätzen zu gelangen. Es herrschte eine gute Atmosphäre im Gästeblock und nachdem auch die sehbehinderten Zuschauer mittels Textbotschaft (!) auf der Anzeigetafel begrüßt wurden, wurde angepfiffen. Zum Spielverlauf selbst, lassen sich nur Vermutungen anstellen, da uns über die gesamte Spielzeit hinweg eine Fahne vor den Augen flatterte. Anscheinend taten sich unsere Roten im ersten Spielabschnitt noch schwer, aber im zweiten Durchgang wurde dann doch die Überlegenheit auch in einen 3:0-Erfolg umgemünzt. Das ganze Spiel lang wurde gesungen im Bayern-Block und für den obligatorischen „Karnevalsverein“ nach Spielende durften wir uns verantwortlich zeigen. Das Spiel war zu Ende, jetzt begann unsere Odyssee! Schon auf dem Weg zur Arena hatten wir Martin und Martin verloren. Auch am Auto fanden wir die beiden nicht vor. Über Handy schafften wir es, die beiden nach längerer Wartezeit doch endlich zum Auto zu lotsen. Während sich Martin I noch mit Erklärungsversuchen, der Parkplatz wäre riesig und sähe überall gleich aus, einigermaßen zu retten versuchte, brachte Martin II es auf den Punkt: „Und i bin au nozua!“.
Somit kamen wir schon mal verspätet aus Mainz los. Es sollte nicht unser einziges Problem werden. Da Auswärtsminister Max Haupt die samstäglichen Nächte gerne in München verbringt, sollte uns die Heimreise über München führen. Nachdem wir in einem Burger King Restaurant die langsamste Servicekraft Zentraleuropa´s ausfindig machen konnten, rollten wir über die A3 direkt in unser Verderben. Lag es am Alkohol, der Müdigkeit, oder am stromlosen Navi mit Livedaten von Bauer, niemand bekam das drohende Unheil mit. Vollsperrung wegen Brückenarbeiten! Und so standen wir eineinhalb Stunden im Stau. Wir versuchten uns die gute Laune nicht verderben zu lassen, aber alle fünf Minuten war es ein anderer Fahrgast, dem der Kragen platzte. Während Kalki und Haupti mich im 30 Sekunden-Takt darauf hinwiesen, dass es auf der linken Spur schneller gehen würde, versuchte ich hingegen die lästige Bagage an andere Stauteilnehmer zu verhökern. Für eine Sozialstudie „Fußballfans im Ausnahmezustand“ wäre diese Situation ein gefundenes Fressen gewesen. Annalena hatte mit den Sorgen der daheimgebliebenen Verwandtschaft zu kämpfen, Martin und Martin mit ihrem Rausch und Stevey verfluchte diesen Haupti, da wir ohne den Umweg nach München niemals in diesem Stau gelandet wären. Hört sich nach Stunk an? War es aber nicht! Ich habe selten in 90 Minuten Stau so viel gelacht, wie an jenem Tag. Natürlich war es allen acht Personen ziemlich unangenehm, dass es einfach nicht vorwärts ging. Aber wie damit umgegangen wurde, auf ironisch-humorvolle Art und Weise, war einfach nur genial. Danke dafür! Die Umleitung belohnte uns dann dafür mit einer schönen Sightseeingtour durch Franken. Durch den wunderschönen Ort Eichel und am Fuße des Almosenberges vorbei wurden wir mit einer tollen nächtlichen Aussicht belohnt (haha). Ausgerechnet, als ich mich wieder auf das Fahren konzentrieren sollte, gab Stevey bestes Entertainmentprogramm von seinem Handy zum Besten. Der Rest der Heimfahrt war dann geprägt von gegenseitigen Schuldzuweisungen und Beschimpfungen. Nichts Besonderes also.
Um dreiviertel drei war dann auch der Bus zurückgebracht und ich auf meiner Couch. Mit wertvollen Eindrücken und Erkenntnissen. Mainz ist ein Wald mit ein paar Wohnblöcken drin. Bundesligastadien dürfen sehr wohl auf einem Acker stehen. Jedes männliche Wesen aus Scheuring heißt offensichtlich Martin. Und der Bayern Fanclub Geltendorf ist eine große Ansammlung aus positiv verrückten und durchweg sympathischen Leuten. Warum wir uns das antun? Ganz einfach. Weil´s geil ist!